Mohammed Ali

Es gibt ja wohl niemanden auf der Welt der meint, man könne diese ganze Arbeit, diese vielen Verteilungen, die wichtigen und zeitintensiven Begegnungen mit den Menschen auf der Flucht, alleine bewältigen.

Nein, das glaubt ihr nicht.

Es steht eine große und sehr liebende Gemeinschaft dahinter. 

Und das Besondere daran, man findet sich. Wir „fallen einander zu“.

So auch Mohammed Ali, aus Afghanistan.

Ich hab ja viel Temperament, will vieles immer gleich. Es betrübt mich, wenn wir mit Verteilungen (wenn auch aus guten Gründen), länger warten müssen.

Helga und ich waren unbedarft, vor allem auch unerschrocken.

Nach dem Kochen und der Essens-Verteilung  von rund 2000 Portionen, war es meist 14.30. 

D.h. viel Zeit in der wir, rund um uns dieses ganze Grauen, nicht untätig herum sitzen wollten.

Das Essen wurde rund um Moria verteilt. Die Menschen saßen zu tausenden in den Olivenhainen. Keine sanitäre Anlagen, kaum Wasser, weinende Kinder, apathische Alte. Diese Bilder werde ich nie vergessen. Niemand wusste wie es weitergeht. Die Menschen saßen am Boden, im Staub, 28 Grad, völlig verzweifelt, ohne jegliche Information. 

Ihr alle habt uns schon damals finanziell großartig unterstützt.

Helga und ich beschlossen, Windeln, Feuchttücher und Popo-Creme zu verteilen. Viele der Kleinkinder weinten, in den Armen ihrer völlig überforderten Eltern, weil durch die schlechte Hygiene der Popo so entzunden war. Sie ließen sich kaum beruhigen. 

Man warnte uns, die Menschen werden unsere Autos plündern. 

Stur und unerschrocken waren wir und – wir trafen einen, der es auch war – Mohammed Ali.

„Ich kann Euch helfen, wenn ihr genug Windeln habt (dem war so), dann sage ich den Menschen „plz, make a line“ 

Das ist ja immer das Schlimmste für mich, wenn man Menschen, die so in Not sind, in eine Reihe stellen muss – plz make a line, heißt auch konsequent sein, Verteilung einstellen, wenn es nicht klappt. 

Doch Mohammed Ali hatte es drauf. 

Er wurde respektiert von allen. Viele kannten ihn schon, er war Lehrer und unterrichtete viele Kinder in Moria. Es war ihm wichtig, sie zu bilden, sie nicht trostlos zurückzulassen in all diesem Elend.

So stand er da, neben uns und den Autos. Sobald eines leer war fuhr eine von uns zurück, um es wieder zu beladen. 

So ging das bis die Dunkelheit hereinbrach. Jeden Tag, bis das Camp am Meer, wir nannten es Fetzen-Camp eröffnet wurde.

Jeden Rag in den Olivenhainen – in den jungles von Moria. 

Mohammed Ali hatte alles im Griff – inkl. uns. 😉 

Er redete ruhig mit den Menschen, machte uns darauf aufmerksam, wenn wir an jemanden versehentlich 2 x geben wollten, klärte Missverständnisse und er zeigte so viel Herz mit der Verzweiflung der Betroffenen.

Die Betroffenen sind Menschen wie Du und ich. Die selben Emotionen, Wünsche, Lebenskraft und Trauer. 

Sie fühlten sich ernst genommen, Mohammed Ali konnte das, was wir fühlten, so wunderbar transportieren. 

Es gab nichts! 

Keine Probleme, keine Plünderungen, keine Bösartigkeiten. 

Die Menschen verstanden, dass wir sie zum Helfen brauchen, ihr Mitwirken. 

Abends fielen wir erschöpft, sehr betroffen, aber auch zufrieden ins Bett.

Mohammed Ali arbeitete fast 1 1/2 Jahre mit uns, wir wurden Freunde.

Und er war es auch, der die meisten unserer nachfolgenden Community Volunteers vermittelte. 

Er, der Mann aus Afghanistan, der Lehrer, der Freund, der Bescheidene, der Unerschütterliche. Er hat viel dazu beigetragen, dass wir arbeiten konnten, wie wir es bis heute tun.

Unsere Community Volunteers sind ein unverzichtbarer Teil unseres Teams und sie alle folgen bis heute seiner Energie – liebend, fleißig und erfüllt von der helfenden Gemeinschaft. 

Herzlichen Dank Mohammed Ali und allen Community Volunteers, die mit uns waren und sind. Ohne Euch wären wir nicht in der Lage menschlich zu helfen. 

Danke auch Euch, liebe Freund:innen, Leser:innen, die ihr unsere Arbeit möglichst macht. In diesem Sinne uns allen einen wunderschönen Tag, mit spürbaren Momenten der Menschlichkeit. 

Herzlichst,

Doro & Team 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert