Wir leben in Österreich in einem sogenannten Rechtsstaat. Wir vertrauen darauf unabhängige Gerichte anrufen zu können, bei Gerichtsverfahren das Wissen von Expert*innen /Anwält*innen der jeweiligen Bereiche in Anspruch nehmen zu können. Und wir verlassen uns darauf, dass diese Rechtsstaatlichkeit, diese unabhängige Rechtsberatung und Rechtsvertretung allen Menschen in unserem Land zusteht und auch zukommt. Diese Situation ist in Gefahr!
Im Jahr 2019 hat der österreichische Gesetzgeber eine fundamentale Änderung im Asylwesen beschlossen. Die wird sich verheerend auswirken:
- Es wird keine unabhängige Rechtsberatung mehr geben. Diese wird künftig vom staatlichen Asylwesen durchgeführt. Stellen Sie sich vor, der Schiedsrichter gehört zum anderen Team. Oder ihr Anwalt arbeitet für die Gegenseite (oder: wurde von der Gegenseite beauftragt).
- Das staatliche Asylsystem kontrolliert sich selbst. Es soll in Zukunft keine unabhängige Kontrolle mehr geben. Das bedeutet eine Aushöhlung des Rechtsstaates und ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich.
- Menschen werden abgeschottet und isoliert. Bisher wurde die Unterbringung meist von NGOs und privaten Anbietern im Auftrag der Republik Österreich durchgeführt. Die Zivilgesellschaft hatte immer Zutritt, unzählige Initiativen sind entstanden. Sie haben Deutschkurse organisiert und sich auf vielfältige Weise engagiert. Das ist in Zukunft in Gefahr: die neu geschaffene Bundesbetreuungsagentur (BBU) übernimmt diese Aufgabe. (Quelle: http://Www.fairlassen.at)
Welche Folgen hat das Ganze:
Wir wissen weder, wer in unserem Land um Asyl ansucht, wird der Asylantrag angenommen, wer wird wann abgeschoben. Und wenn ich an den ehem. IM erinnern darf, dessen Aussage auch das Ziel definierte, er wolle Österreich auf 0 Asylanträge downgraden, dann weiß ich als Mitglied einer NGO, als Aktivistin und als aktive Unterstützerin von Menschen auf der Flucht mit all meiner Erfahrung sehr genau, was das heißt und mit sich bringt.
- Wir werden nicht wissen wer wo untergebracht ist
- wir werden nicht erfahren, wann und wie oft traumatisierte, verängstigte Menschen sich in ihrer Verzweiflung autoagressive Verletzungen zufügen. Sich Arme, Beine blutend ritzen, um von ihrem Leid, ihrem Kummer abgelenkt zu sein. Jugendliche, Kinder, junge Menschen. Nein, das will ich nicht! Sowas möchte ich, kann ich nicht mittragen.
- wir werden nicht wissen, wann und wie oft Suzidversuche passieren und wie oft die Menschen dann vollkommen allein gelassen werden.
- und wir werden keinerlei Wissen darüber haben, wann sich jemand in seiner/ihrer Verzweiflung das Leben nimmt.
Wir können keinerlei Unterstützung mehr bieten. Keine Deutschkurse, keine Sportgruppen, keine gemeinnützigen Arbeiten, keine gemeinsamen Essenstunden, Kochkurse, keine Zusammenkünfte in Gemeinden, Vereinen, Musikgruppen.
Wir können keinerlei Menschlichkeit, Wärme fließen lassen, keine Tränen mehr trocknen, keine Geschichten zuhören, keine Hand mehr halten, wenn die Trauer über Erlebtes zu groß wird.
Wir können keine befreundeten Therapeut*innen mehr bitten fachlich zu unterstützen, wir können keine Hoffnung mehr schenken, wir können zusehen wie die Menschlichkeit in unserem Land stirbt.
Appell zur Unterstützung
Unabhängig davon, wie die Verfahren ausgehen, wo die Menschen einmal leben werden, dürfen wir diese „Konzentrierung“, diese Ausgrenzung, diese Isolation von Menschen unter keinen Umständen zulassen.
Es hat nicht nur fatale soziale Folgen für unser Land, unsere Gemeinschaft im Jetzt, es hinterlässt auch eine Verantwortung, eine Bürde, deren Last, deren Lieblosigkeit wir auf keines unserer Kinder, der nächsten Generation hinter lassen sollten.
Mit dieser Form, der BBU, mit der Einstellung zu unabhängiger Rechtsberatung, mit der vollkommenen Isolierung von Menschen in größter Not begeben wir uns auf einen Pfad der Härte, der Unmenschlichkeit, dessen Konsequenzen, davon bin ich überzeugt, die wenigsten von uns übernehmen wollen, oder können. Es ist das Ende unserer eigenen Würde! Ja, krass formuliert, doch die Realität der BBU ist noch viel krasser, auch wenn sie aus ideologischen Gründen effizient und menschlich verkauft wird, ist sie in Wahrheit die Tür zu den finstersten Seiten menschlichen Machtmissbrauchs.
Erhebt Euch gemeinsam mit uns, schreibt Emails an politisch Verantwortliche, nehmt Kontakt auf mit NGOs wie Caritas Österreich, Asylkoordination Österreich, Diakonie, unterstützt die Petition auf http://www.fairlassen/petition.at
Retten wir die Menschlichkeit, verweigern wir Geschäfte und Deals mit Menschen, Jugendlichen, Kindern, die in größter Not sind.
Und ja, ich weiß, es ist manchmal mühsam, es kostet Zeit, es macht manchmal traurig, doch es ist jetzt einfach notwendig!
DAS UNRECHT IST ZU GROSS!
Doro Blancke