„Es war nach einer eiskalten Winternacht auf der Insel Lesbos. In dieser Nacht peitschte der Wind über das Meer, und die Straßen auf der Insel waren von der Dunkelheit verschluckt.
In den Zelten, die in Stille und Kälte, beinahe verloren, am Rande von Mytelini, der Hauptstadt standen, harrten Menschen aus, die ihre Heimat hinter sich lassen, fliehen mussten – in der Hoffnung auf Sicherheit, auf ein friedliches Leben. Stattdessen landeten sie an einem Ort, der von Schmerz und Verzweiflung geprägt war, an dem sich das Monster „Abschreckungspolitik“ suhlte. Und man ließ dieses Monster gewähren.
Manche von ihnen, die die Insel erreichten, waren so krank, so vulnerabel, dass sie eine kleine Unterkunft in der Stadt bekamen, zur Verfügung gestellt von einer NGO. In diesen Fällen musste sein, denn würden sie im Camp bleiben müssen, könnte das lebensbedrohend werden.
Unter diesen Menschen war eine kleine Familie: eine Mutter, ein Vater und ihre zwei Kinder. Ihr Blick war lange Zeit leer und von der Erschöpfung gezeichnet, doch in ihren Herzen brannte immer noch eine leise Hoffnung. Die Hoffnung auf etwas, das in der Ferne lag – ein Stück Wärme, ein Moment des Friedens, vielleicht sogar ein Lächeln inmitten des täglichen Überlebenskampfes. Die Hoffnung, dass sie mit ihren Kindern in eine kleine Unterkunft ziehen konnten. Eines ihrer Kinder war schwer autistisch – das Camp die Hölle für den kleinen Jungen.
Und ja, es gibt sie auf Lesbos, diese Momente, in denen wir die ganze Welt umarmen wollen. Die Familie bekam eine kleine Unterkunft, getragen von einer NGO. Das ist Glück, wahres Glück auf Lesbos. Für alle!
Seit Jahren schon kommen Menschen auf die Insel, die helfen wollen, Menschen, deren Herz sich irgendwann dazu entschieden hat hierher zu fliegen. Sie folgen diesem Ruf, die wenigsten wissen zu dem Zeitpunkt, warum. Diese Menschen folgen einfach ihrem Herzen.
Menschen, die durch ihr Tun, dieser furchtbar entwürdigenden Politik etwas entgegenbringen, sich dem Monster „Abschreckungspolitik“ stellen, den Bedürftigen ein Stück der gestohlenen Würde zurückgeben wollen.
Wir zb., eine kleine NGO aus Österreich, jeden Samstag, pünktlich zur Mittagszeit, stehen wir mit unserem VAN an den Verteilungsstationen. Von diesem VAN aus verteilen wir große, gut gefüllte Pakete – Pakete voller Lebensmitteln, die einzig und allein durch die großzügige Unterstützung der österreichischen Zivilgesellschaft zusammengekommen sind.
Was zu Beginn nur eine kleine Geste der Solidarität war, ist zu einem ständigen und lebensrettenden Angebot geworden. Wöchentlich können rund 200 besonders vulnerable Geflüchtete erreicht werden, Menschen wie wir, sie haben auch Namen, Zahra, Ali, Saifullah, Zeinab, Miriam, Mohammed. Menschen wie wir, mit einem Unterschied, sie mussten auf die Flucht gehen.
Jede Woche stehen wir da, verteilen das, was so viele von uns für selbstverständlich halten:
Ein wenig Brot, etwas Gemüse, Nudeln, Reis, Öl, Mehl, Obst, Tomaten in Dosen, manchmal auch Gewürze, Hygieneartikel, aber immer mit dabei die Zuversicht, für die kommende Woche halbwegs versorgt zu sein. Was diese Lebensmittelpakete schenken, ist mehr als nur Nahrung. Sie bringen eine Botschaft:
Ihr seid nicht vergessen. Ihr seid nicht allein.
An diesem besonderen Weihnachtssamstag und dieser Tag wr gestern auf Lesbos, war die Stimmung anders.
Die Luft war noch kälter als gewöhnlich, doch die Herzen der Helfer und Helferinnen waren im Gegensatz dazu, noch wärmer als sonst. Weihnachten auf Lesbos, an den Außengrenzen Europas ist etwas sehr Besonderes- es entspricht so sehr dem Weihnachts- Spirit.
Wir verteilen an Weihnachten immer besondere Pakete, fügen mehr Inhalt hinzu und auch Süßigkeiten und Getränke – das Fest der Liebe soll alle lieben.
Inmitten der Verteilung spielten die Kinder, lachten, es schwappte auf sie über, die Entspannung und der Moment der Freude, in dem ihre Eltern verweilten, sich niederließen. Die Kinder lachten und spielten, trotz der großen Herausforderungen des Lebens, die sie schon so unbedarft ertragen mussten.
Die Familie der kleinen Kinder, die wir zu Beginn der Geschichte erwähnt haben, erhalten die Lebensmittel von uns. Auch an diesem Samstag. Als die Mutter es entgegennimmt, umhüllt sie es für einen Moment mit beiden Händen, als könnte sie so die kalte Welt draußen für einen Augenblick vergessen. Sie spürte, dass in diesem Paket mehr war als nur Nahrung:
Auch ein Stück Menschlichkeit, eine Erinnerung daran, dass es immer noch Menschen gab, die an sie dachten und ihnen zur Seite standen.
„Danke“, flüsterte sie, ihre Augen strahlten dabei.
Am Abend in dieser Weihnachtsnacht, während der Wind weiter über die Insel peitschte, war es nicht nur dieser und der Klang der Wellen, der durch die Straßen hallte, sondern dazu kam auch ein wärmender Hauch von Solidarität, der sich über der Insel ausbreitete.
Für einige Momente war es Weihnachten auf Lesbos, nicht nur in den Häusern, sondern auch in den Herzen der Menschen – jenen, die gaben, und jenen, die empfingen.
Und so geht es weiter, Woche für Woche, dass das Licht der Hilfsbereitschaft und des Mitgefühls nicht erlischt. Es ist ein Licht, das nie ganz verblassen wird, solange es Menschen wie uns alle gibt, die bereit sind, das Licht der Menschlichkeit auf ganz unterschiedliche Art am Leben zu erhalten.
Mein wirklich wunderbares Team und ich danken Euch von Herzen, dass ihr so lange schon solidarisch mit uns seid, dass ihr unser Tun vor Ort und hier zu hause möglich macht.
Ohne Euch, ohne diese mit denkenden, – fühlenden und helfenden Gemeinschaft wäre unsere Arbeit nicht möglich.
Ihr seid Hoffnungsträger:innen und Lichtbringer:innen – für alle.
Für mich, für mein gesamtes, großartiges Team, für uns alle hier und für viele Menschen da draußen.
Vor allem aber für Menschen, die alles verloren haben und sich nur eines wünschen, Frieden und Sicherheit, um in ein Leben zurückzukommen.
Danke, dass ihr und so Viele das möglich macht.
In diesem Sinne – von ganzem Herzen frohe Weihnachten und ein wunderbares Fest des Lichts und der Liebe,
Doro & Team
Kommentare 4
Danke für Ihre Arbeit !
Frohe Weihnachten!
Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre freundliche Wertschätzung.
Es ist mir aber auch wichtig zu betonen, wir alle gemeinsam erarbeiten das, denn ohne Sie/Euch alle, wäre unsere Arbeit niemals möglich.
In diesem Sinne und in dankbarer Verbundenheit, alles Liebe und ein schönes Fest der Liebe.
Herzlichst, Doro
Danke, liebe Doro!
Alles Liebe, danke herzlichst, Doro