Was können wir tun – Teelöffel

Die Handhabe und die Rechtsbrüche in Europa gegenüber Geflüchteten werden immer brutaler. Danke Ihrer/Eurer Hilfe können wir sowohl in Österreich, als auch an den Außengrenzen in Griechenland uns aktiv für die Rechte von Menschen auf der Flucht einsetzen, dafür danken wir sehr herzlichst. Eine große Herausforderung in diesem Bereich ist die Ohnmacht vieler Betroffenen und Unterstützer*innen, die Überforderung, bis hin zur Abwendung. Laufend berichten wir in den sozialen Medien und auf unserer Homepage wo wir aktiv sind und was genau wir tun. Heute aber möchte ich meine Gedanken zur Hilflosigkeit, zur Ohnmacht hier hinterlassen.

Diesen Sommer war ich zu Gast beim wunderbaren Theaterfestival https://www.hinundweg.jetzt. Ich kann es von ganzem Herzen empfehlen. Wunderbare Künstler*innen, sehr interessantes Publikum, tolle Menschen und traumhafte Umgebung.

Katharina Stemberger, künstlerische Leiterin, aber auch Vorstandsmitglied der Initiative https://www.courage.jetzt hatte mich gestupst, ich solle doch das 2. Wochenende auch kommen. Ich hatte eine sehr intensive Woche hinter mir. Familiär und beruflich. Die Lage der Geflüchteten in Europa wird zusehends schlechter, Postfaschist*innen kommen an die Macht, der aggressive Angriffskrieg auf die Ukraine erzeugt sowohl Mitgefühl, Ängste, als auch Widerspruch. Die Menschen sind gereizt, die Stimmung geht weg von Dialog, vieles wird nur mehr noch schwarz/weiß betrachtet. Neben all dem wunderbaren Programm ist mir auch die “Teelöffelgeschichte” von Katharina Stemberger in Erinnerung. Sie blieb mir im Herzen, schenkt mir trotz allem Hoffnung.

Die Art und Weise wie europäische Festung, europäische Abschreckungspolitik funktioniert, wieviele Tote sie fordert, diese unfassbare Grausamkeit und diese Verbrechen, all das macht auch etwas mit uns, der Zivilgesellschaft. Wir können das hautnah in Griechenland erleben. Löste der Tod des Flüchtlingskindes Alan Kurdi, dessen Leichnam vor 7 Jahren an der türkischer Küste angeschwemmt wurden noch eine Welle der unfassbaren Betroffenheit und auch Empörung aus, so sind die aktuell angeschwemmten toten Geflüchteten auf Lesbos und die ertrunkenen Kinder und Erwachsenen in der Ägäis jetzt keine Schlagzeile mehr wert.

Ein Teil der Gesellschaft stumpft sukzessive ab, wendet sich auch, aus Überforderung ab, verroht dadurch, viele Grausamkeiten, die vor 10 Jahren noch undenkbar gewesen wären haben sich etabliert, sind salonfähig geworden. Die ewig gedroschenen Phrasen der Politik “wir brauchen noch stärkeren Grenzschutz”, “Europa kann nicht alle nehmen”, “wir müssen unseren Kontinent, unser Land verteidigen” wirken. Es gibt kaum mehr Politiker*innen die von Lösungen, von humanitären Vorschlägen, von Friedenspolitik sprechen und danach handeln. Zusätzlich noch die persönlichen Ängste, Klimakrise, Ukrainekrieg, welcher auch unmittelbare Auswirkungen auf Europa hat, wirtschaftliche Krise, all dies trägt dazu bei, dass faschistische und stramm rechte Politiker*innen wieder die Oberhand gewinnen. Koste es was es wolle, auch Menschenleben.

Wenn ich durch Österreich reise, Menschen in verschiedenen Bundesländern treffe, oder aber auch über die unzähligen Gespräche mit Menschen aus der Zivilgesellschaft nachdenke, dann wird mir bewusst, wie hilflos sich viele Menschen in Österreich fühlen.

Eine Ohnmacht breitet sich aus.

Viele Österreicher*innen wissen, oder spüren, dass diese Art der Abschreckungspolitik nicht der richtige Weg ist. Doch sie fühlen sich hilflos. Sie finden wenige Möglichkeiten sich für etwas anderes stark zu machen. Es gibt zwar Demos, Mahnwachen, usw., die alle sehr wichtig sind, doch die Menschen verlieren die Zuversicht, dass sich real etwas verändern kann, ich höre immer wieder “Politik macht eh was sie will”.

Hier kommt diese schöne Geschichte des “Teelöffel’s ” ins Spiel.

Wenn es brennt und wir stehen daneben, werden wir alles mögliche unternehmen um den Brand zu löschen. Wir involvieren uns um das Schlimmste zu verhindern. Bis die Feuerwehr eintrifft, werden wir alles versuchen um den Brand einzudämmen. Wir werden Kübel, gefüllt mit Wasser benützen, Töpfe, Gläser, Tassen, wir werden alles uns verfügbare ausschöpfen, bis zur letzten Möglichkeit, im Notfall auch mit einem Teelöffel.

Diese Symbolik finde ich so großartig und sie macht mir persönlich Mut. Auch in jenen Stunden, in denen ich für mich bin und scheinbar, ob all der dramatischen Nachrichten vom Balkan und im Mittelmeer, der Ägäis, usw. die Zuversicht zu verlieren scheine. Jede/jeder von uns hat einen Teelöffel, ein kleines Tool, um diesen “Brand” der Menschenrechtsverletzungen, der sozialen Ungerechtigkeiten, des Klimawandels, usw., entgegenzuwirken. Vergessen wir das nicht und machen es uns bewusst.

Es ist richtig, nicht jede/jeder kann in die Krisengebieter an die Außengrenzen fahren, nicht jede/jeder kann Geflüchtete bei sich aufnehmen, nicht jede/jeder kann sich so aktiv für deren Rechte einsetzen, so wie wir und unsere Ehrenamtlichen es tun. Doch es gibt viele andere Möglichkeiten. Das wichtigste ist, dass wir Menschen wählen, unabhängig von unseren Gewohnheiten, die nachweislich andere Lösungen erarbeiten. Jene, die ihre politische Verantwortung als Verpflichtung für friedliche Gesellschaft sehen und sich zu 100% den Menschenrechten verpflichtet fühlen. Jene, die sich weigern politische Machtspiele zu führen. Jene die den Dialog suchen und in erster Konsequenz die Menschen im Auge haben.

Es gibt aber auch noch viel anderes was wir tun können. Jede/jeder von uns kann 10 Minuten in der Woche seine Energie dorthin lenken, wo es um ihr/sein persönliches Anliegen. Es gibt viele Herausforderungen/Themen, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat.

Man kann eine Mail an Politiker*innen schreiben, man kann die Medien damit konfrontieren, warum so wenig recherchiert und sehr politisch geleitet berichtet wird. Man kann am Elternabend in der Schule um Menschenrechtsbildung bitten, um aktive Friedensarbeit, man kann auf seinen social Media Accounts informative Beiträge zum Thema teilen. Man könnte auch in der Familie einmal wöchentlich die Themen aufgreifen und so in unserem eigenen, privatesten Umfeld Bewusstseinsbildung schaffen. Man kann auch Arbeitskolleg*innen von der Sorge über die Leichname von Kindern in der Ägäis berichten, man muss dabei nichts fordern, sensibilisieren ist schon viel – ein Teelöffel eben.

Wir sind in Österreich beinahe 9 Mio Menschen. Stellen wir uns vor, dass 1/3 davon wöchentlich einen Teelöffel zur Hand nimmt. Das wäre eine unglaublich kraftvolle Bewegung. Lassen Sie sich inspirieren, binden Sie um einen Teelöffel einen bunten Faden, eine schöne Masche und legen Sie ihn an einen Platz, an dem Sie täglich vorbeigehen. Vorzimmer, Küche, Schreibtisch, Badezimmer, wo immer es Ihnen beliebt. Und wann immer Sie einen Blick auf den Teelöffel werfen, denken Sie in Verbundenheit an alle anderen Teelöffelbesitzer*innen und in Verbundenheit mit der nächsten Generation daran, dass wir mit einer wöchentlich “kleinen” Aktion, gemeinsam mit vielen anderen, eine Welle der Veränderung herbeiführen können.

Eine Veränderung die dringend notwendig ist. Denn es gibt kein gutes Leben, das aufgebaut ist auf dem Reichtum von einigen wenigen und totale Verarmung und Tod von so vielen Menschen. Es kann in Europa keinen langfristigen Frieden geben, wenn wir Menschenleben dafür opfern.

Demokratie eines Landes ist immer nur so stark wie die Rechte ihrer schwächsten Mitglieder. Schauen wir gut auf uns und auf sie.

Wir sind die Vorfahren der nächsten Generation, wir sind das schon jetzt. Jetzt, im Leben, können wir in Bewegung sein, Mitmenschlichkeit, Liebe und Rechtsbewusstsein leben und etablieren. Bleiben wir in dieser Bewegung, verlieren wir nicht die Zuversicht und glauben wir an Veränderung.

Wer unsere Arbeit unterstützen will, wir sind sowohl in Griechenland, als auch in Österreich sehr konsequent für Menschen auf der Flucht tätig, siehe Kontodaten. Sie können auch unseren Newsletter bestellen, vl ist etwas dabei, das sie als Teelöffel-Thema nutzen möchten. Für Veränderung für eine friedliche Gesellschaft und gutes Leben für alle brauchen wir uns gegenseitig. Binden Sie sich ein – mit einem Teelöffel.

Konto: Refugee assistance-doro blancke AT93 3842 0000 0002 7516

Herzlichen Dank! Bleiben wir gemeinsam dran.

Kommentare 6

  1. Ich habe als Pensionistin das Gefühl, mein ganzes Leben lang noch nie so frei gewesen zu sein wie jetzt. Ich kann ja wirklich tun, was ich will. Also begleite ich junge Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien, dem Jemen … Ich gebe Unterricht, versuche (assistiert von einer lieben Freundin, die Psychotherapeutin ist,) besonders zerstörte Seelen wieder aufzurichten und lasse Menschen, die es gerade branchen, in meiner WG wohnen. Und ich beziehe meinen gesamten Freundeskreis mit ein. Und komme mir die ganze Zeit so hilflos vor, dass ich nur mehr weinen möchte.

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      Liebe Veronika,
      wenn ich so lese, was Sie alles tun, bewegen, um die Liebe und das Mitgefühl für ein gutes Miteinander aufrecht zu erhalten, das beeindruckt und schenkt Kraft und Mut.
      Ja, es ist manchmal sehr schwierig und die Ohnmacht scheint uns zu übermannen, doch vergessen wir nicht die guten Momente in unserem Leben, bei unserer Arbeit. Auch sie müssen gesehen werden.
      Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft für Ihr Tun und viele schöne Momente,
      herzlichst, Doro

  2. Ganz ganz großartig zusammengefasst. Ich bin ein aktiver Teelöffel und werde mich weiter engagieren.
    Danke Ihnen!

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  3. Nach 8 Jahren haben sich die Wege meines letzten Pflegesohns und mir getrennt. Ich bin immer noch ein Teelöffel aber im Moment ohne Ziel. Ich suche nicht, es wird sich finden, wie immer. Die Aufgabe wird mich finden

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      Liebe Edith, das tut mir leid zu lesen, manchmal ist es nicht einfach die Menschen loszulassen, eine Herausforderung. Genauso wie Du denke ich, die Aufgabe wird Dich finden. Dafür und in der Zwischenzeit alles Liebe und viele schöne, kraftspendende Stunden.
      Herzlichst, Doro

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