Tag der Menschenrechte, Österreich schiebt morgen nach Afghanistan ab!

10.12.2019 internationaler Tag der Menschenrechte. Ich schließe mich den Worten meines lieben Kollegen, Christoph Riedl/Diakonie Österreich „Es ist ihnen NICHTS mehr heilig“ aus tiefster Überzeugung an!

Was die Menschenrechte wert sind demonstrieren morgen die österreische Bundesregierung, das Bundesministerium für Inneres und die ÖVP, die als regierungsbildende Partei emotionslos an den Abschiebungen in ein Kriegsland, Afghanistan festhält.

Wie sehr es um Machtdemonstration geht sieht man immer besser. Die Verhandlungen bezüglich der vorwiegend afghanischen Lehrlinge erweisen sich als hart. Wenn, dann nur unter der Bedingung, dass die Lehrlinge sofort nach Beendigung der Lehre nach Kabul abgeschoben werden. Der Satz eines ÖVP Vertreters „….sie können dann dort (in Afghanistan) die hervorragende Ausbildung nutzen“ ist an Zynismus, oder Dummheit kaum zu überbieten. Wie oft musste ich bei Gesprächen mit politischen Personen feststellen, dass sie speziell in diesem Fall keine Ahnung haben. Und das schmerzt.

Es scheint ihnen entgangen zu sein, dass Afghanistan sich seit Jahrzenten im Krieg befindet, dass Korruption, radikale Gruppierungen und mafiöse Strukturen das Land beherrschen. Es scheint niemanden zu interessieren, dass ca 70% der Deportierten das Land, aus Furcht und der Unmöglichkeit eines Existenzaufbaus wieder verlassen. Dass das Land so am Boden liegt, dass Millionen von Menschen täglich Angst haben unverletzt nach Hause zu kommen, dass unzähligen Kindern kein Schulbesuch möglich ist, dass die Zahlen der zivilen Todesopfer alles andere als rückläufig sind, dass die radikalen Taliban wieder ganze Landabstriche beherrschen. Und dass jene Frauen und Mädchen jegliche Freiheit untersagen.

Man schwafelt weiter beharrlich vom Pulleffekt, man will sich ja neue, lernwillige Menschen ins Land holen, denn selbst der Exbundeskanzler hat zur Kenntnis nehmen müssen, wovor die Generationenforschung seit Jahren warnt, Österreich überaltert. Wir brauchen junge Leute. Da wirbt man lieber andere Menschen an, die auch erst unsere Sprache lernen müssen, statt jene hier zu behalten, die ja schon viel gelernt haben, Freundschaften mit österreichischen Familien geschlossen haben, Arbeitsverträge vorweisen, die bestätigen, dass sie sofort nach Aufenthalt eine Stelle hätten.

Nein, die deportiert man, denn sie sind ja ohne uns zu fragen geflohen, vor Krieg und Terror und es kann nicht sein, dass man sie infach so zur Ruhe kommen lässt.

Da twittern die Politiker*innen doch wesentlich einfacher einen netten Tweed zum Tag der Menschenrechte, treffen sich dann mit Gleichgesinnten beim vorweihnachtlichen Punschstand in der Innenstadt, genießt die Weihnachtsbeleuchtung und bekräftigt sich gegenseitig im Bewahren der christlichen Werte.

Wenn ich die Grazer Politiker*innen dann zu den Feiertagen in den Kirchen sitze sehe, dann wird mir bewusst, dass sie von der Jesusbotschaft genauso wenig Ahnung haben, wie von Menschenrechten, oder dem Kriegsland Afghanistan. Auf Anweisung des BMI stürmen Fremdenpolizisten mit Hund den Klausurbereich von Nonnen/Franziskaner*innen, verhaften einen unbescholtenen jungen Afghanen, der im Juni 2020 seinen Abschluss an der Schule für Soziale Berufe ablegen würde. Und schwafeln weiterhin von Gesetzen!

Sie verschweigen dabei, dass es in Europa auch Länder gibt, die aus gegebener Situation eben nicht nach Afghanistan abschieben. Sie verschweigen auch, dass sie es sind, die die Abschiebesituation ändern könnten. Sie verschweigen auch, dass sie lange, bewusst schweigend das Afghanenbashing des ehemaligen Koalitionspartners zur Kenntnis genommen haben, um im hier und jetzt die Verantwortung uns Bürger*innen aufzubürden. „Die Mehrheitsgesellschaft will das so!“, einer der unerträglichsten und verantwortungslosesten Sätze von leblosen Politikermarionetten.

Viele wollen das, das stimmt, weil der Exbundeskanzler und seine Handlanger nichts, nichts gegen diese Spaltung, den Angstaufbau unternommen haben und niemals nur annähernd versucht haben verbindend, im Sinne von Menschenrechten, im Sinne von friedlichem Zusammenleben aufzutreten.

Der Tag der Menschenrechte, eine Farce!

Nach Jahrzenten ÖVP, SPÖ, die Grünen, usw im Parlament müssen wir immer noch über Kinderarmut reden, zum Tun reichts in der Realität eh wieder nicht!

Nach Jahrzenten dieser politischen Besetzung liegt das Klima im Argen, doch die Wirtschaftssponsoren werden immer großzügiger und nach Jahrzenten dieser politischen Konstellation und dem enormen Einfluss, den die ÖVP auch in der EU hat, unterzeichnen wir Verträge, in denen wir zusichern, Milliarden von Steuergelder an die korrupte, afghanische Regierung zu zahlen, damit wir in ein Kriegsland abschieben können! Sorglos, ohne Gewissen.

Tag der Menschenrechte?

Kostet mir, bitte verzeiht ein mildes Lächeln. Und verursacht bei mir mehr als einen bitteren Beigeschmack. Reihe ich ein in die vielen herzlosen Phrasen von Politiker*innen *niemals vergessen*, *Kinderarmut bekämpfen*, *Weihnachtsgeschenke, die man nicht mit Geld kaufen kann*, usw. In keinem einzigen dieser Themen kann ich Ernsthaftigkeit, aufrichtige Empathie und christliche Werte erkennen, weder im Denken, noch im Tun!

Und genau deshalb werde ich heute abend für meine Kinder und Jungs kochen und mich glücklich schätzen, dass sie trotz ihrer Jugend verstehen, was Menschenrecht in der Praxis bedeutet, wie man zu seinem Recht kommt und wie man lebt, um Menschenrecht in seinem Umfeld zu gewährleisten. Und dann werden wir gemeinsam eine Kerze anzünden und all jene denken, um sie trauern, die Österreich skrupellos ins Kriegsland Afghanistan abschiebt.

Heute Nacht, den frühen Morgen des Tages der Menschenrechte!

Kommentare 11

  1. An alle Politiker: Bitte zeigt Menschlichkeit und stoppt die Abschiebungen in das Kriegsland Afghanistan!

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      Herzlichen Dank für Ihre Aussage!
      Bitte ev auch Politiker*innen persönlich anschreiben. Der Druck der Zivilgesellschaft kann Berge versetzen, herzlichen Dank, Doro

  2. Es ist nicht zu fassen!
    Und möge niemand glauben, diese zynische Härte und Kälte gehe spurlos an uns vorüber.
    Österreich beschädigt sich nachhaltig.
    Schluss mit Abschiebung nach Afganistan und andere Kriegsländer.
    Das ist eines zivilisierten Landes unwürdig.

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      Danke für diesen klaren Beitrag, der auch viel Gefühl und Weisheit für unsere Gemeinschaft enthält!
      Diese Grausamkeiten, die wir vermeintlich „Fremden“ zufügen, werden auch an uns nicht spurlos vorüber gehen.
      Sowohl dieses Tun, als auch die Konsequenzen kann niemand von uns verantworten, unwürdig, genau!

  3. https://noe.orf.at/stories/3025350/

    Man liest das und glaubt sich entweder um Jahrzehnte zurückversetzt oder in eine Zukunft katapultiert, in der das Recht des Stärkeren das Maß aller Dinge ist. Und immer wieder dieselbe fadenscheinige, zynische Ausrede und vor allem wissentlich falsche Aussage, dass man aus rechtlichen Gründen nicht anders handeln könne.

    Stimmt nicht! Und die Verantwortlichen wissen das. ES GIBT KEIN EINZIGES GESETZ in Österreich, das irgendeine Behörde dazu zwingen würde, Menschen, deren Asylantrag negativ beschieden wurde, automatisch abzuschieben.

    Es gibt nach geltendem Recht die Möglichkeit, ein humanitäres Bleiberecht zu gewähren. Allein der (politische) Wille dazu fehlt. Was geht in den Köpfen der Menschen vor, die einen jungen Menschen, der mit aller Kraft versucht, sich hier ein neues Leben aufzubauen, mit Hunden jagen als sei er ein gefährlicher Schwerverbrecher? Das ist nicht Recht, das ist reine Bosheit und Niedertracht.

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      Du sagst es lieber Robert!
      Reine Willkür, reine Machtdemonstration!
      Die gute Nachricht, Zia wird morgen nicht abgeschoben.
      Die traurige, welchen Schock, welche Rertraumatisierung.
      Und alles nur, um zu zeigen wer die Macht hat.
      Inhuman, visionslos und grausam!
      #StopDeportationToAfghanistan Afghanistan ist ein Kriegsland.

  4. Liebe Doro,
    ich lese deine Zeilen immer wieder und wieder. In diesen Gedanken, in diesen Worten, in deinem liebevollen Blick auf die Welt der Deinen, spüre ich ganz viel Schmerz, ganz viel Trauer und auch eine große Portion Wut. Ja ich kenne dich nicht, ich bin dir einmal ganz flüchtig begegnet, ich habe gerade eine paar Worte gewechselt und doch gibt es etwas was mich berührt in diesem Text.
    Da ist ein Mensch der an der Fassade seiner Welt leidet, der die Botschaften von der unendlichen Liebe des Christentum hört und nicht versteht, warum Menschen so unberührt bleiben. Sie sich in scheinbar heiligen Hallen dicht an dich in Krichenbänken drängen und dem jahrhundertealten Ritual beiwohnen. Ja beiwohnen, irgendwie dabei sind. Adabei sind eventuell um gesehen zu werden, aber auch um vielleicht doch etwas vom Geheimnis – das sie Gott nennen – zu erfahren.
    Dein Text steht als Mahnmal in einer Zeit in der wir Menschen glauben, den Allmächtigen abgelöst zu haben. Alles ist machbar, jetzt und sofort muss die Welt so funktionieren, wie es mein Glaubensgebilde, meine Ideologie, meine Bewegung, meine Interessengemeinschaft, mein Bankkonto oder meine (scheinbare) Macht haben möchte.
    “Recht muss Recht bleiben!” oder “Wir bewahren den Rechtsstaat!”, wie oft habe ich diese Worte in den letzten Wochen von Entscheidern, Weisungsvollstreckern, Amtsträger und auch dem Mann oder die Frau von der Straße gehört oder gelesen. Dein Text sucht die, die sich hinter diesen Worten verstecken und sagt ihnen unverholen ins Gesicht: “Ich habe dich gefunden!” Ich habe dich gefunden in deiner Angst, deinem engen Tal, in deiner Verbissenheit und in deinem Wahn die Welt aufhalten zu wollen. Ich habe dich gefunden, und du weißt, dass ich dich gefunden habe, aber der Kopf steckt immer noch im Sand und der Strauß glaubt er wird nicht gesehen.
    Ja wir reden von “Armut”, von “Gewalt (an Frauen)”, von “Überalterung”, von “Überfremdung” und von “Wohnungsnot”. Alle diese Schlagwörter erschlagen die Wahrheit und wollen mit einem Schlag die realen Chancen und die positive Energie die in diesen Herausforderungen liegen erschlagen.
    Wir brauchen Menschen wie dich, die hinter die Fassaden schauen und uns zurufen “Ich habe dich gefunden!” Bitte mach weiter und fordere heraus, was zum Herausfordern ist. Weck auf, was aufzuwecken ist. Richte deinem Blick immer auf den lebendigen Menschen, den er ist die höchste Würde die wir kennen. Diese Würde ist in den Menschenrechten in eindrucksvoller weise in Worte gefasst. Den Tag dieser Wortfindung feiern wir heute und es gibt immer mehr, die auch diese Worte für wahr und wirklich gefunden haben.
    Lass mich theologisch schließen. Das Paradies auf Erden ist noch nicht Wirklichkeit. Die Welt liegt in Geburtswehen. Es tut weh, und doch hoffen wir auf eine glückliche Geburt. Daher lass uns die Verbundenheit feiern und damit auch den heutigen Geburtstag der Menschenrechte.

  5. Respektvoller Umgang mit den Menschenrechten hat hier, insbesondere im Kreis höchster Repräsentanten der Republik, ähnlichen heuchlerischen Stellenwert wie der Umgang mit dem Klima- und Umweltschutz, wo sich Österreich gerade wieder einmal ordentliche Watschen für Politik schöner Überschriften abgeholt hat, die per message-control grausliche Realität unter der Tuchent zu Leuchttürmen hoch- und umschreiben lässt.

    “Morbus Kickl” hat sich in Asylverfahren bis in die höchsten Instanzen des Rechtsweges eingenistet.

    So zumindest nicht nur breite Wahrnehmung der Zivilgesellschaft sondern auch der ernüchternde Befund von Ronald Frühwirth, einem der besten Asylanwälte dieses Landes der vor wenigen Monaten seine Kanzlei schloss. Dass Richter und immer öfter auch Höchstrichter sich fast überschlagen, um das kategorische, politische Nein zu Flüchtlingen und Einwanderern in Bescheide umzusetzen und das, „was die Würde des Menschen ausmacht, antastbar geworden ist“, beklagen auch viele seiner Kolleginnen und Kollegen.

    Sein Kollege Wilfried Embacher schlägt in dieselbe Kerbe: “Von außen schaut alles rechtsstaatlich aus, dahinter geht es mitunter nur noch darum, Menschen ins Messer rennen zu lassen. Und die Höchstgerichte, wo das auffallen müsste, schauen oft nicht einmal mehr hin”. Es zähle das Ergebnis: der negative Bescheid, die Abschiebung.

    Nichts fürchten allzu dienbare Seilschaften politischen Willens mehr als Transparenz durch den Fokus einer kritischen Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft. Wir müssen drann bleiben.

    Unsere offene, freie und demokratische Gesellschaft auf Basis starker Grund- und respektierter Menschenrechte ist leider kein unantastbares Geschenk wie autoritärsehnsüchtige Kräfte in der Politik gerade in den letzten beiden Jahren klar zu verstehen gaben.

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      Aufrichtigen Dank für Ihren zwar erschütternden, aber doch so wunderbar starken Beitrag!
      Innigen Dank!
      Es tut so gut, wenn Menschen wie sie und die anderen Leser*innen hier solche Sachen kundtun.
      Das zeigt, dass wir überall in unserem Land Menschen haben, die mitdenken, handeln, immer wieder Mut schöpfen.
      Ich würde Ihren Beitrag sehr gerne auf meiner FB Seite gerne öffentlich stellen, mit Hinweis auf Sie als Autor.
      Ich finde, wir sollten diese Zeilen mit vielen Menschen teilen.
      Darf ich das?
      Solidarische Grüße, Doro

  6. Ich bin so traurig. 4 junge afghanische Männer sind in der letzten Woche aus Österreich geflohen. Wir haben scheint mir, böse Gesetze.

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      Ich denke nein, wir haben Politiker*innen die Ideologien vertreten, keine Weisheit und keine Friedenspolitik.
      Fridays for Future haben sie versucht lächerlich zu machen, sie wissen genau, dass die jungen Menschen recht haben, NGOs für Menschenrechte versucht man zu kriminalisieren und uns „abzuschassln“.

      Es sind nicht die Gesetze, es ist der politische Wille!

      Bleiben wir gemeinsam sichtbar, die Liebe wird siegen. Doro

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