Samstag auf Lesbos 

Wir haben und unterstützen ja einige sinnvolle Projekte auf der Insel. 

Eines davon ist uns besonders an Herz gewachsen, die wöchentliche Verteilung von Lebensmittel-Paketen an ca. 200 besonders vulnerable Menschen auf der Flucht, immer ein ganz besonderer Tag.

Wir treffen uns, aus unterschiedlichen Gegenden der Stadt kommend, vor einem kleinen Café neben der Straße. Das Meer blau, das „Castle“ von Mytelini drohnt über uns. Von hier aus sehen  wir die türkische Küste, sie liegt optisch so nah und doch, die Überfahrt für die Menschen auf der Flucht ist extrem gefährlich und manchmal tödlich. 

Wif kaufen für das Team „Coffee to go“, den wir mit ins soziale Zentrum „Parea“, unserem täglichen Ausgangspunkt, nehmen.

Einer aus dem Team fährt mit 2 Kühlkisten zum Fleischhauer, um die bereits bestellten Fleischportionen abzuholen. 

Dort ist Panagiotis, der Fleischhauer – lautstark wird man begrüßt, immer wieder pflegt er uns eine seiner neuen Tatoos zu zeigen, er raucht wie ein Schlot, ist laut und überschwänglich – und, wir alle lieben ihn.

Er weiß, wie lange wir schon auf der Insel für Geflüchtete arbeiten, sein Beitrag – Preise für Huhn und Lamm, die es sonst nirgends gibt, das ist sein persönlicher Beitrag für die Geflüchteten. Seine Menschlichkeit steht in diesem Fall und das seit Jahren, über Profit.

Dann zurück nach „Parea“, wo der Rest des Teams bereits alles vorbereitet hat.

Katzen gefüttert:), auch wichtig, Samstag sind wir alleine vor Ort, da ist das unser Job, Pflanzen gegossen, Windel abgepackt und, das Beste: Abdi (meistens er) hat schon ein wunderbares Frühstück zubereitet. Tomaten und Eier in einer Pfanne, mit herrlich duftenden Gewürzen, dazu frisches Brot und Kaffee. Hat alles bereits Tradition. 

Das Team sitzt jetzt gemütlich zusammen, wir freuen uns auf die Verteilung, innere Ruhe kehrt ein, weil wir wissen, die nächsten Tage können die Familien, die alleinerziehenden Mütter, die Frauen und jungen Männer, wieder eine warme Mahlzeit am Tag kochen.

Das hebt unsere Stimmung – wir hören Musik, genießen das Frühstück, scherzen miteinander und manchmal, wenn Zeit bleibt, spielen wir auch noch schnell eine Runde Karten. Und obwohl ich fast immer verliere, liebe ich es. 

Dann, um 11.10, griechischer Zeit, die Pakete für die 1. Verteilungsstation ins Auto, inkl. der vorbereiten Kühlkisten mit dem Fleisch. 

Wir erwarten Pünktlichkeit und saubere Taschen  zurück von unseren Klient:innen. Jede Person/Familie hat 2 große Plastiktaschen, volle wird gegeben, leere kommt zurück. 

Unsere Verlässlichkeit und Konsequenz hat sich auf unsere Klient:innen übertragen. Beinahe alle kommen pünktlich, einige helfen uns beim Auto entladen, alle bringen ihre sauberen Taschen zurück.

Es herrscht reges Treiben. Es wird miteinander gelacht, über Herausforderungen gesprochen, wo wir eine Möglichkeit sehen zu helfen, machen wir uns Notizen um es später abzuarbeiten. 

Kinder kommen und schauen neugierig in die Pakete, was wohl an Obst drinnen ist. Das ein oder andere Obststück wird dann gleich an Ort und Stelle genossen. Das Lächeln der Eltern, ihre Kinder Obst genießen zu sehen, ist mindestens so schön, wie das „mmhm, so good“, oder Stilke Genießen der Kinder. 

Unsere Klient:innen sind Personen, die durch extrem traumatische Erlebnisse, oder durch medizinische Herausforderungen nicht in der Lage sind, im Camp zu leben. 

NGOs unterstützen sie mit einer Unterkunft in Mytelini. Viele von ihnen sind auch in medizinischer oder psychologischer Betreuung bei MSF, oder anderen NGOs. Auch alle Bewohner:innen des Frauenhauses werden von uns beliefert. 

Sie alle haben gemeinsam, dass sie trotz ihrer besonders dramatischen Situation, keinerlei Versorgung haben. Sie sind von der Essensausgabe gestrichen, da sie nicht im Camp leben, Grundversorgung, sprich 70€ Taschengeld mtl., ist sowieso für alle Asylsuchenden eingefroren. 

Wir arbeiten alle 4. Stationen ab, hoch konzentriert, denn es dürfen an diesem Tag keine Fehler passieren. Kein Essenspaket zu haben für jemanden, der auf der Liste steht – das darf nicht passieren. Ich bin meinem Team sehr, sehr dankbar, alle nehmen diese Verantwortung sehr ernst. Bevor wir losfahren wird alles nochmals gegengecheckt. 

Unsere Arbeit dauert bis ca. 15 Uhr. Auch wenn es anstrengend ist, viel zu schleppen, ein- und ausladen, doch dieser Tag macht uns sehr zufrieden. Zu wissen, dass wir mit Eurer Hilfe, für all diese Menschen in so großer Not, 1 warme Mahlzeit täglich, für die ganze Woche sichern konnten, das bedeutet Glück.

Und etwas, was uns sehr viel bedeutet – die Würde der Menschen zu bewahren. Unsere übrigens auch. 

Denn ein Europa, wo Menschen auf der Flucht unter schwierigsten Bedingungen, nichts zu essen bekommen, das wollen und dürfen wir niemals akzeptieren.

Nach Beendigung der Arbeit, Arbeitsräume geputzt, alles weggepackt, trinken wir als Abschluss gemeinsam Kaffee und Kuchen. 

Dazu lade ich mein Team immer in meine Wohnung ein, alle – europäische und Community Volunteers. Und wir empfinden jeden Samstag Nachmittag, seit Jahren,  gemeinsam die selbe Freude – niemand muss hungern. 

Diese Stunden haben immer ein bisschen was von Weihnachten 😉 

Das ganze Jahr. 

In diesem Sinne von Herzen danke, dass ihr das möglich macht und wir gemeinsam, an diesem sehr dunklen Ort in Europa, Menschlichkeit und Wärme schenken können. 

Habt‘s gut und einen Tag voller Freude, den wünschen wir Euch von Herzen, 

Doro & Team 

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