Lesbos – KaraTepe – Ohnmacht

Ich bin oft dankbar und es stärkt uns sehr vieles in dieser Zeit des Schmerzes.
Es ist stärkend, dass wir so viel Zuspruch und reale Unterstützung in Form von Geld, Sachspenden, liebevollen Anrufen, senden von Gedichten, Musik, ein paar tröstende Zeilen erhalten.
Innigen Dank Euch allen!

So professionell kann man aber in der Realität gar nicht sein, dass die Zustände in diesem Camp spurlos an einem vorübergehen.
Ich denke man kann auch gar nicht professionell genug sein, um Verständnis dafür zu entwickeln, dass die gesamte EU sich in unterschiedlichen Stellungnahmen ergießt und trotzdem NICHTS weiter geht, die Menschen hier ihrem unfassbaren Schicksal überlassen werden.
Wie bereits erwähnt, alle glauben eine Pandemie managen zu können und sind nicht mal in der Lage 8000 Menschen eine menschenwürdige Unterkunft für den Winter, Kleidung und ordentliche Verpflegung und Waschmöglichkeit zu gewährleisten. Shame on you Europe! All of you.

In der Zeit der Pandemie ist auch das Reisen extrem kompliziert und alle NGOs bitten darum nicht nur für 1 Woche Volunteer hierher zu kommen.
Mit Erstquarantäne und auch einer gewissen Form von “Anlernen” machen Kurzeinsätze hier wenig Sinn.

Auch Ohnmacht!
Es gibt keine offizielle Ausgabestelle im Camp. Nur wenige VANs werden zur Registrierung im Camp zugelassen.
Was heißt das in der Realität?
Mühsam, sackweise das Nötigste ins Camp bringen und Zelt für Zelt bedienen. Zum Großteil sind pro Zelt 2 Familien.
Man darf auch nicht vergessen, dass ein Großteil der zwar schönen Sachspenden
noch unsortiert für den speziellen Gebrauch sind.
Zelt Nr, zB 2 Erwachsene, 3 Kinder
Mama, Papa, Kinder, Schuhgröße, Hosen- , Pullovergröße wird notiert, Babybedarf, andere Nöte.

Dann sind wir insgesamt 9 Menschen hier bei #HomeForAll die verschiedene Aufgaben haben, bestens koordiniert von Katarina und Nikos.
Küche, Kochen, Einkauf, Essen verpacken, ausführen, Warehouse arbeiten,Pakete herrichten, Listen erstellen, einfach alles.

Die refugees selbst können uns fast ausschließlich im Camp, bei der Verteilung helfen. Außer ein paar sehr wenige, haben die Menschen Corona bedingt keine Möglichkeit das Camp zu verlassen.

Und dann dieser Zorn, dieses Unverständnis für das Handeln der Politiker*innen, der Verantwortlichen der gesamten EU.

Ich höre in der Früh, dass kommenden Samstag und Sonntag Regen angesagt ist.
Ich würde gerne beim Bundeskanzler im Büro anrufen, auch beim Bundespräsidenten, eigentlich bei allen und sie persönlich fragen WIE sie dieses Elend verantworten können und warum sie es wagen, Menschen hier auf den griechischen Inseln in unvorstellbarer Lage, in der Kälte des Winters, ohne ausreichender Versorgung zurück zu lassen.
Wir sollten und dürften das nicht tun!
Ich weiß wir, die wir hier sind wiederholen uns.
Doch wir werden hier Zeugen eines Verbrechens. Vielleicht klingt das für Euch übertrieben, theatralisch, doch es entspricht exakt dem was wir hier tagtäglich sehen.

Stellt Euch vor es würden in Österreich, in Eurer Nachbarschaft jetzt Sommerzelte aufgestellt werden, in denen Familien mit Kindern, Säuglingen, Alten und Kranken untergebracht werden. 1 mal am Tag eine Miniplastikbox mit gekochtem, doch kaltem Essen, ohne Duschen, viel zu wenig Toiletten, Badeschlapfen, teils keine Schuhe, kaum was für die Kinder, Pampers, Nahrung, warme Decken.
Stellt Euch das mal vor?

Wie würden wir reagieren?
Was würden wir zu unseren Bürgermeisterinnen, zu unseren Landeshauptleuten, zu Polizistinnen sagen?

Ich kenne kaum jemandem in Graz, in meinem Umfeld der das hinnehmen würde.

Das ist die Ohnmacht!
Hier auf Lesbos sind wir weit weg von unser aller Alltag, wir sind täglich mitten unter den Menschen in unbeschreiblichem Elend.
Und keiner der Verantwortlichen rührt auch nur einen Finger.
Wir hören von manchen wie gerne sie doch würden und von den anderen, dass sie Hilfe vor Ort bevorzugen.
Das Gefühl der Ohnmacht wird gefüttert, denn nicht mal diese Hilfe kommt an!
Es wird zu spät sein, wenn irgendjemand die/der Charakter, Mut, staatstragende Qualitäten hat reagieren wird.

Ich bin mit einigen anderen hier vor Ort und uns kann man dann einladen in die Schulen, wenn in 2 Jahrzehnten von der größten humanitären Verantwortungslosigkeit und #NieMehrWieder gesprochen wird.

So professionell kann meiner Meinung nach niemand sein, dass nicht Ohnmacht Seele frisst.

Finanzielle Unterstützung unter

Doro Blancke AT93 3842 0000 0002 7516 Betreff: Lesbos oder

Helga Longin “Bruck hilft” AT30 2021 6216 9756 3700 Betreff: Lesbos

Wie man anschaulich unseren Berichten entnehmen kann kommt das Geld ausschließlich direkter Hilfe vor Ort zugute. Was auch bedeuten kann, dass wir Gaskosten für die Küche von “Home for All”, Diesel für den VAN zur Zustellung unterstützen. Denn ohne Gas keine 1200 Essen am Tag und ohne VAN keine Zustellung ins Camp.

Herzlichen Dank und liebe Grüße von Lesbos, schauen wir gut auf uns alle, Doro

#EvakuierungJetzt #Lesbos #KaraTepe #Menschenrecht #EU #Griechenland #Österreich #Courage #144Leben

Kommentare 4

  1. Wenn diese Lager nicht endlich durch menschenrechtskonforme Aufnahmezentren ersetzt werden, dürfte auch kein EU-Geld mehr nach Griechenland fließen. Ich habe viel Sympathie für die krisengeschüttelte griechische Bevölkerung, aber kein Verständnis für die Kaltschnäuzigkeit und Gleichgültigkeit der Verantwortlichen in den EU-Gremien und bei den einzelstaatlichen Entscheidungsträgern innerhalb Europas, die diesem Treiben einfach zusehen. Man sieht einfach zu, wie die Menschen in diesen Lagern dahindarben.

    Ich bin an sich jemand, der versucht, eine differenzierte Position zu Fragestellungen und Problemen einzunehmen, aber was will man hier noch “differenziert” sehen? Ganz gleich, wie letztendlich eine Entscheidung für die einzelnen Menschen in ihrem Asylverfahren aussieht, aber solche Lager darf es einfach nicht geben. Sie entstehen nicht aus wirtschaftlicher Not, sondern aus politischem Kalkül und das ist erschütternd und bis zu einem gewissen Grad auch desillusionierend.

    Ich versuche, auch mit deinen Texten und Bildern, die Thematik den Menschen in meinem Umfeld näherzubringen. Die politischen “Nebelgranaten” erschweren oftmals den Blick auf das Wesentliche, wobei ich mich aus der Gruppe jener, die den Überflick verlieren, nicht ausnehmen möchte und daher sind solche mahnende Stimmen wie deine so wichtig (auch wenn wir immer wieder einmal Meinungsverschiedenheiten haben, wenn es um Detailfragen geht, aber in dieser Frage passt kein Blatt Papier zwischen uns, hier sind wir uns völlig einig).

  2. Ich mach´s kurz, liebe Doro….DANKE für deine Arbeit!!! Und ich mach mich jetzt an meine und fasse Shir Khans Geschichte für Christoph und Lukas zusammen. Byebye und bleib stark…..Barbara

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  3. Die Tränen sind weggewischt. Das Entsetzen bleibt, … wie auch die Dankbarkeit für eure Arbeit: Doro, Katharina, Nikos und derer vielen anderen. Meine vorgesehenen Weihnachtsgeschenke überweise ich nach Lesbos.

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