Asylforum 2022 – Bildungshaus Schloss Puchberg

Wie jedes Jahr organisierte die Asylkoordination Österreich auch dieses Jahr das Asylforum. Das Forum ist eine zweieinhalb-tägige Veranstaltung, bei der sich sehr viele NGO Mitarbeiter*innen, Vertreter*innen, Rechtsberater*innen, Rechtsanwält*innen und Aktivist*innen treffen. Es ist eine sehr wichtige Sache, dass die Asylkoordination diese Veranstaltung organisiert, und wir sind sehr dankbar darüber, weil hier wirklich auch in persönlichem Austausch viel besprochen und erarbeitet werden kann. Die Asylkoordination hat sich trotz der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden Ausfallen der letzten beiden Asylforen sehr darum bemüht, dass wir dieses Jahr wieder zusammenfinden konnten. Man kann sich nur bedingt vorstellen, was das für ein Aufwand gewesen sein muss, und deshalb bedanken wir uns ganz herzlich!

Es ging los am Sonntag, 3. Juli. Am Nachmittag trafen wir alle ein, tranken Kaffee miteinander, haben die Zimmer bezogen. Ich hatte großes Glück, dass ich mit Pero Beclija, dem Organisator von SOS Balkanroute von Graz mit nach Wels fahren durfte ins Schloss Puchberg, wo das Asylforum stattfand. Um 18:30 Uhr startete das Programm mit einer sehr interessanten Podiumsdiskussion. Der Name war „70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention: Ein Geburtstag in Zeiten von Ukraine-Krieg, Pushbacks und politischer Instrumentalisierung von Schutzsuchenden“. Beteiligt an dieser Podiumsdiskussion war Julia Kolda (Rechtsanwältin), Birgit Einzenberger (UNHCR) und Kid Pex (SOS Balkanroute). Die Moderation übernahm Lukas Gahleitner-Gertz.

Es war interessant, die unterschiedlichen Standpunkte zu hören, die nicht so sehr voneinander abwichen – wir sprechen hier von unterschiedlichen Sichtweisen auf die Dinge, da wir aus unterschiedlichen Berufsfeldern etc. kommen. Wir sind uns alle einig, dass wir sehr dankbar sind, dass es die Genfer Flüchtlingskonvention gibt. Die Pushbacks gehören sofort gestoppt, da waren sich natürlich alle einig. Pero hat dann auch über die Praxis der Pushbacks in Kroatien berichtet. Birgit Einzenberger hat auf den Blog der UNHCR verwiesen, wo sehr aktuelle Themen angesprochen werden. Und Julia Kolda berichtete aus ihrer Praxisarbeit bei der Vertretung von Geflüchteten in Österreich. Dann gab es ein gemütliches Beisammensein am Abend, welches sehr wichtig ist, da dort ein weiterer, auch persönlicherer Austausch zwischen uns stattfinden konnte.

Am nächsten Tag, am Montag, ging es weiter von 9:45 bis 10:45 Uhr mit einem Beitrag von Andreas Achrainer, dem Geschäftsführer der BBU GmbH. Er hat jetzt auch den Auftrag bekommen, Flüchtlingskoordinator für die ukrainischen Vertriebenen zu sein. Herr Achrainer betonte, dass ihm der Dialog mit den Akteur*innen sehr wichtig sei, hat auch berichtet, dass das ein Auftrag der BBU sei.
Von 11 bis 12:15 Uhr gab es einen Vortrag zu „Afghanistan – Return of the Taliban“ von Abdul Ghafoor. Er ist der Gründer der NGO AMASO. Abdul Ghafoor kenne ich seit ca. sechs Jahren persönlich. Er flüchtete nach Norwegen, wurde von dort zurück nach Afghanistan deportiert, und hat dann dort die NGO AMASO gegründet, um deportierten Afghan*innen nach ihrer Landung zu helfen. Entgegen allen europäischen Verlautbarungen, dass den Menschen dort beim Wiedereinstieg geholfen werden soll, ist derartige Arbeit nicht von den europäischen Staaten geleistet worden. Abdul Ghafoor wurde, als die Taliban letzten August die Macht wieder übernahm, bei seiner Evakuierung von Deutschland aus unterstützt. Er hat auch neben der Beschreibung der aktuellen Situation des Landes z.B. darüber gesprochen, dass Afghan*innen, die sich aus dem Iran, aus Pakistan oder aus der Türkei auf die Flucht begeben, eine furchtbare Situation vorfinden, dass Erdogan jetzt auch abschiebt, zurück nach Kabul, in den letzten Wochen über 1000 Menschen.

Am Nachmittag hat uns dann Christian Filzwieser, Vorsitzender der Kammer A (Asyl- und Fremdenrecht) des Bundesverwaltungsgerichts einen Vortrag über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu ausgewählten Themen präsentiert. Anhand gut aufgearbeiteter Folien konnte man ein paar Statistiken und spezifische Zahlen zum Thema Flucht und Asyl sehen. Interessant war, dass er mehrmals darauf verwies, dass das BFA seiner Meinung nach seine Arbeit optimieren könnte. Es ging auch um die Rechtsprechung zum Paragraph 4a, der Geflüchtete betrifft, die aus Griechenland mit einem positiven Asylbescheid wegen Obdachlosigkeit und fehlender Unterstützung (kein Essen, kein Geld, keine Wohnung, etc.) weiterreisen nach Deutschland und Österreich. Ich fragte ihn dazu, ob er aufbereitete Unterlagen für das Gericht gebrauchen könnte, da wir auf Lesbos sehr viel dokumentieren. Er bejahte diese Frage, sodass wir unsere Dokumentationen an Herrn Filzwieser weiterleiten werden.

Christian Filzwieser

Am Nachmittag gab es darüber hinaus unterschiedliche Workshops zu Themen wie Grundversorgung zwischen Land und Bund, Duldung, Integrationsarbeit in Oberösterreich und Staatenlosigkeit in Österreich. Man konnte sich frei nach Interesse bei den jeweiligen Workshops anmelden. Von 17:30 bis 18:00 Uhr wurden dann die Ergebnisse dieser Workshops präsentiert und zusammengefasst. Den Abend haben wir gemütlich bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen lassen.

Am Dienstag um 9 Uhr ging es weiter mit dem Programm. Ich durfte einen Vortrag über die momentane Lage in Griechenland halten. Das Thema war „Griechenland: Zwischen Hilfe vor Ort und Pushbacks“. Ich bin der Asylkoordination sehr dankbar, dass sie mir den Ort und die Zeit gewährten, diesen Vortrag zu halten. Ich habe gesehen, dass die Menschen sehr betroffen darauf reagierten. Das ist auch das, worüber wir immer sprechen: die Personen, die vor Ort Hilfe leisten, wissen wirklich, was dort geschieht. Denjenigen, die es nur peripher hören, ist nicht vollends bewusst, welcher Menschenrechtsbruch und welche Grausamkeiten dort wirklich passieren. Ich bin sehr dankbar, dass die Zeit zur Verfügung gestellt wurde, um öffentlich über dieses Thema zu sprechen.

Doro Blancke

Es gab dann am Vormittag noch einige Workshops, beispielsweise zu den Themen Sozialhilfe, Mindestsicherung und Grundversorgung außerhalb des Asylverfahrens; Klient*innenpartizipation und Selbstorganisation von RCO (Refugee Community Organisations); Praxis der Freiwilligen Rückkehr; und Temporärer Schutz für Flüchtlinge aus der Ukraine: Erfahrungen, Probleme und Herausforderungen (ein Workshop von Lukas Gahleitner-Gertz).

Insgesamt war es eine sehr spannende Zeit! Wir möchten uns abschließend ganz herzlich bei der Asylkoordination Österreich bedanken, dass sie jedes Jahr dies auf sich nehmen. Heuer ganz speziell bei Lukas Gahleitner-Gertz, der das alles organisiert und die Zimmer reserviert, die Referent*innen eingeladen hat. Von ganzem Herzen Danke!

Ich möchte dabei noch einmal erwähnen, dass die Asylkoordination ja heuer den Bruno-Kreisky-Preis gewonnen hat und wir wirklich der Meinung sind, dass die Asylkoordination diesen absolut verdient hat. Die Arbeit, die sie für die Geflüchteten in Österreich leisten, die Vernetzungen, die Informationen, die sie streuen und weitergeben unter den Kolleg*innen und der österreichischen Bevölkerung, ist wirklich beeindruckend und fantastisch.

Herzlichen Dank, liebe Asylkoordination! Wir freuen uns auf ein neues Asylforum im Jahr 2023.

Bilder: Asylkoordination Österreich und Doro Blancke

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