Familien auf der Flucht

Im Gegensatz zu dem, was uns von rechter, populistischer Politik vorgegaukelt wird „nur Männer auf der Flucht“,  es gibt und gab immer schon viele Familien im Camp auf Lesbos. 

Junge Familien mit 1 Kind, aber auch größere mit 4 Kindern. Alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern, genauso wie alleinerziehende Väter. 

Eines haben sie alle gemeinsam.

Sie haben Lebensumstände und -erfahrungen hinter sich, die wir wahrlich niemandem wünschen und, sie halten mit ganzer Kraft und Liebe dagegen – nahe am daran zerbrechen. 

Eltern stehen beim Wasser Schlange, während die Kinder sich bei der Essensausgabe die Beine in den Bauch stehen.

Doch dann, wenn alle „zuhause“, wie sie die desolaten Zelte nennen, sind, dann wird das Essen, in dem man auch manchmal Insekten und Maden findet, gegessen, als wäre man im alten Zuhause. 

Ein Plastikstück, speziell fürs Essen vorgesehen, wird am Boden des Zelts aufgerollt, behutsam wird das Essen aus den Plastikbehältern  genommen, ev noch etwas, mit jeweils landesüblichen Gewürzen verfeinert und dann beginnt die “goldene” Stunde. 

Das sind die Dinge, diese so wichtigen Rituale, täglich wiederholt, mit denen die Menschen versuchen, verzweifelt ein Gefühl der Normalität zurückzugewinnen. 

Geht man während der Essenszeit durchs Camp, kann man erkennen, wie ernst und wichtig, diese beinahe lebensrettenden Rituale genommen werden.

Mehr als einmal konnte ich die Tränen nicht unterdrücken, als ich sah mit welch großem emotionalen Aufwand dieses Stück “Normalität” erhalten werden will. 

Und, mit welch wehmütigem Blick die alleinstehende, sehr oft junge Menschen, diesem Treiben zusehen. Man kann erkennen, wie sie gedanklich in die Ferne zu ihren Liebsten, oder einfach nur zu Konstrukten schweifen.

Familien auf der Flucht stehen unter extremen Belastungen. Eltern sorgen sich massiv um ihre Kinder. Instinktiv wollen sie die Kinder vor all diesen Demütigungen schützen, die ihnen auf politische Anweisung hin, widerfährt. Und doch gelingt es ihnen kaum, das System des Schmerzes zufügen, viel zu ausgeklügelt. 

Politik sollte sich wahrlich schämen – wenn die Europäische Kommission vom Schutz für Geflüchteten spricht, ist das nicht mehr wert, als die billige Rede von Verführern. 

Nicht als Mensch gesehen und behandelt zu werden, hinterlässt tiefe Wunden, macht krank und kann auch zum Tod führen. Große humanitäre Organisation, wie „Ärzte ohne Grenzen/MSF“ können dazu vieles berichten. 

Familien werden auch oft getrennt.

Sobald eines der Kinder erwachsen ist, steht es in seinem eigenen Asylverfahren. Genauso wie verheiratete Paare, die nach ihrer Tradition in einer Moschee und nicht beim Standesamt, was in Ländern wie Afghanistan, Sudan, Somalia, vollkommen unüblich ist, geheiratet haben.

Die Frau bekommt mit dem gemeinsamen Kind Asyl, der Mann und Vater des Kindes bleibt als „Single Man“ im Verfahren zurück. 

Alle, die bereits Asyl haben, müssen offiziell nach 30 Tagen das Camp verlassen – in der Praxis wird ihnen schon nach 5 Tagen das spärliche Gepäck vor die Container-Türe, oder den Zelt Eingang gestellt.

Familien-Trennung, haben wir historisch nicht genug „Erfahrung“, um mit dieser grausamen „Tradition“ endlich zu brechen? 

Wir reden von europäischen Werten. 

Besonders die rechten und faschistoiden Parteien betonen immer wieder, welch Bedeutung für sie Familie hat.

Nur nicht für jene, die in den verwahrlosten Camps Europas auf ihre Asylentscheidungen warten.

Für sie gibt es kein Recht auf Familie, weil man es ihnen nicht gewähren will.

Immer wenn ich jetzt in Österreich an einer Krippe vorbeigehe frage ich mich, welche Vorstellung all die feiernden Menschen zu Weihnachten, von dem haben, was sie zelebrieren. 

Wir sollten uns dringend auf Menschenrecht und Grundwerte besinnen. Denn zu demütigen, unfassbaren Schmerz durch Trennung von Familien zu bewirken, hinterlässt Traumata bei den Betroffenen und eine kollektive Schuld für uns, deren Verantwortung wir in der Realität nicht tragen können. 

In diesem Sinne,

denken wir menschlich, fordern wir die Einhaltung der Menschenrechte, die in Wahrheit unser aller Rechte sind. 

Grausamkeiten, die wir anderen Menschen zufügen, macht uns grausam. 

Wollen wir das? 

Wir verteilen seit 3 Jahren wöchentlich ca 200 Lebensmittel-Pakete an besonders vulnerable Geflüchtete, darunter viele Familien mit Kindern und Alleinerziehende. 

Wenn ihr wollt, dass wir auf der Insel bleiben können und weiterhin die dringend notwendige Arbeit tun können, dann bitten wir Euch um eine Spende. Klein, mittel, groß, wie es Euch beliebt und möglich ist – herzlichen Dank!

Habt‘s gut, 

Doro 

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