4 Tage vor der Wahl in Griechenland will die rechte Regierung, unter Ministerpräsident Mitsotakis jetzt offensichtlich noch mal zeigen, was Rechts so drauf hat. Wie Härte umgesetzt werden kann und niemand dieses Drama aufhalten kann, bzw. will.
Heute erhielten alle Campbewohner:innen die Information, dass alle die a) einen positiven Asylbescheid haben, aber seit Monaten auf ihre Dokumente warten b) all jene die einen positiven Bescheid haben und ihre Dokumente bereits haben und c) alle, die abgelehnt wurden
KEIN ESSEN MEHR IM CAMP BEKOMMEN –
DAS IST EIN EUROPÄISCHER SKANDAL
Griechenland verfolgt jetzt also unter dem beinahe wohlwollenden Schweigen der Mitgliedstaaten und ihren politisch Verantwortlichen, unter der Beobachtung der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament jene Politik, auf die sich die Europa einzuschwören scheint.
ABSCHRECKUNGSPOLITIK -ZERMÜBUNG, DEMÜTIGUNG bis zum bitteren Ende.
Außerdem erhalten viele der Menschen, die bereits Asyl haben, aber immer noch keine Dokumente, ein Schreiben. Darauf ist festgehalten: Sie sollen sich darauf einstellen, dass sie, sie sind Familien, Frauen, Kinder, Männer, alleinreisende Frauen und Männer, sehr bald das Camp verlassen müssen.
WOHIN?
Sobald man in Griechenland Asyl hat, wird sofort die Grundversorgung eingestellt. Dh. die Menschen vegetieren seit Monaten vor sich hin, sie haben nichts. Nur das Essen von der Essensausgabe und die jene Unterstützung, die sie von unterschiedlichen NGOs erhalten. Die meisten Menschen hier haben massive Magen- und Darmbeschwerden, psychische Verstimmungen, viele von ihnen Depressionen. Man behandelt die Menschen hier in einer Art und Weise die so unerträglich beschämend ist. Sie sind allen Verantwortlichen so egal. Man benützt sie um gegen Geflüchtete zu hetzen, quält sie solange, bis 1 Mensch dies nicht mehr erträgt, um dann zu verkünden, wie aggressiv die Menschen auf der Flucht sind.
Während ich das schreibe muss ich bitterlich weinen und bin sehr dankbar, dass mich mein Kollege und Freund Lukas Gahleitner-Gertz von https://www.asyl.at/de/ sofort nachdem ich ihm diese Nachricht zukommen ließ, angerufen hat.
Es gibt Momente, da ist man emotional total überfordert. Da braucht man Freund:innen.
Frauen, Kinder, Männer, all diese Menschen die so viel hinter sich haben, erleiden, hinter sich lassen mussten, werden benutzt als politischer Spielball – man streicht ihnen das Essen um Abschreckungspolitik zu präsentieren.
Wohin sollen die Menschen? Sie haben kein Geld. Aufs Festland, wo man ihnen in jedem Camp sagt sie werden nicht aufgenommen? Auf der Straße leben in Athen, oder Thessaloniki? Wo sie stehlen gehen sollen, sich prostituieren, Drogen verkaufen, ihre Niere zum Kauf anbieten, wohin sollen sie und was sollen die Menschen tun?
Jene, die irgendwie noch Geld zusammenkratzen können, oder das von Freund:innen bekommen animiert man zur Sekundärmigration. Sie landen in Frankreich, Deutschland, auch Österreich. Wo sollen sie denn sonst hin, in ihrer unfassbaren Not. Stellt Euch doch mal vor, kein Euro im Börsen, keinen einzigen und kein Essen? Was das bedeutet?
Diese Frage stellt sich bei Abschreckungspolitik niemand der Politiker:innen. Orban lässt niemanden in Ungarn, fragt sich aber nicht was Bundeskanzler Nehammer, sein Nachbar dazu sagt. Dem kommt das ja eh sehr gelegen, er kann gemeinsam mit Innenminister Karner prahlen, wie stark der Grenzschutz ist, wieviel Polizisten wir da vor Ort haben und wieviele Geflüchtete wieder nach Österreich kommen. Kommen müssen, das sagt er natürlich nicht dazu. Das 95% jener die einen Asylantrag gestellt haben schon wieder außer Landes sind, darüber spricht man natürlich auch nicht, weil die sind ja dann die Herausforderung der Nachbarländer, die dann wiederum ganz dankbar sind, wenn sie eine Zahl zum Hetzen und zur Verteidigung dieser unmenschlichen Abschreckungspolitik haben. All diese Verantwortlichen gehört augenblicklich ihre Verantwortung entzogen. Sie forcieren Verbrechen auf allen Ebenen.
Man will zermürben – die Geflüchteten und alle, die für sie einstehen.
AMBIVALENZ DER NGOs
Ich kenne so viele NGOs, die sich als Leitsatz nehmen, niemals mehr in einem Camp, dieser abscheulichen Politik geschuldet, schweigend und ohne die Umstände anzusprechen, zu arbeiten. Viele haben die Arbeit in den Camps schon vor vielen Monaten eingestellt. Die Regierung reagiert ihrerseits darauf, in dem sie nur noch regierungstreue Organisationen in den Camps arbeiten lässt.
Eine kleine Gruppe von NGOs bespricht heute fieberhaft auf Lesbos, wie können wir helfen?
Es muss eine Entscheidung getroffen werden, im Camp zu “helfen”, sich diesen grausamen Verordnungen unterzuordnen, oder aber außerhalb, mit einer viel kleineren Reichweite für alle, zu unterstützen.
Das Campmanagement zeigt sofort sein Gesicht.
Eine NGO aus dem Baskenland, die gut und viel kocht erhält sofort auf Anfrage die brutale Vorgabe: Kochen gerne, aber nur zu unseren Konditionen. Essen liefern ja, aber KEIN ESSEN FÜR ALLE OBEN AUFGELISTETEN.
Das sind die Herausforderungen vor der wir hier auf der Insel, die anscheinend keinerlei europäischem Gesetz mehr unterworfen ist, stehen. Helfen wir den Menschen und schließen etliche aus, die gerade von der Politik besonders hart behandelt werden, oder verweigert man den Menschen im Camp die Hilfe, weil man nicht alle bedienen kann/darf. Es ist so grauenhaft – könnt ihr Euch das vorstellen?
Das Telefon läutet unzählige Male heute, verzweifelte Mütter, Alleinreisende, alle am Boden zerstört. Nicht nur ich werde unter Tränen gefragt: “Was sollen wir tun?” Die Menschen wiederholen unzählige Male, dass ihnen das Essen weggenommen wurde. Unzählige Male, ich denke sie können es selbst nicht fassen.
Wenn Europa glaubt mit dieser Taktik etwas Gutes für uns Europäer:innen zu kreieren, dann müssen wir vehement widersprechen. Wir kreieren Hass auf beiden Seiten, wir verrohen Zivilgesellschaft, wir konditionieren Gesellschaft darauf, dass Härte, Rechtsbruch und Menschenrechtsverbrechen gegenüber Menschen erlaubt sind, wenn es zum eigenen “Vorteil” ist. Was soll aus dieser Denkweise entstehen, geboren werden, wie sollen unsere Kinder damit jemals zu Rande kommen?
Europa verflucht sich gerade selbst.
In großer Bestürzung und tiefer Trauer,
Doro und Team
Mit der dringenden Bitte um Solidarität
Sie wollen unsere wichtige Arbeit #HilfeVorOrt, mit vielen wunderbaren Projekten und unsere politisch aktivistische Arbeit unterstützen. Sie wollen, dass wir weiterhin für Geflüchtete an den Außengrenzen arbeiten können und weiterhin als Zeitzeug:innen unsere Berichte liefern, dann bitte wir Sie sehr herzlich um Unterstützung. Optimal wäre ein kleiner, monatlicher Dauerauftrag. Gemeinsam können wir so vieles zum Besseren bewegen. Herzlichen Dank!
Verein Doro Blancke – Flüchtlingshilfe/refugee assistance
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