Wenn wir NGOs Bilder unserer Arbeit zeigen, dann zeigen wir die Momente der Unterstützung, der menschlichen Begegnungen, wir zeigen, was wir unter Hilfe vor Ort verstehen und was mit den Spendengeldern passiert. Das ist notwendig und auch wichtig, um unsere Unterstützer*innen zu informieren, was wir tun.
Auf keinen Fall möchte ich, als Vertreterin unseres Vereins „Flüchtlingshilfe/refugee assistance-doro blancke“, dass wir hier hängen bleiben – bei diesen Bildern, die eine Harmonie vermitteln, die es außerhalb dieser Stunden, Momente für die Menschen auf der Flucht in Griechenland schlicht und einfach nicht gibt!
Die griechische Regierung und Europa setzen in der Realität weiterhin alles daran, Abschreckungspolitik zu etablieren. Das ist es, was letztendlich in unseren Köpfen und Herzen hängen bleiben sollte .Und das ist es, worüber wir hauptsächlich reden sollten, uns aktiv dagegen aussprechen und eine andere, menschenwürdige Haltung fordern.
Ich könnte ein „Buch der Grausamkeiten“ hier schreiben.
– Jahrelang lässt man Menschen hier auf den Inseln unter demütigsten Umständen auf Asylentscheidungen warten. Bei Nachfrage heißt es „you have to wait“.
– Mütter/Elternteile sterben hier, ihre Kinder bleiben verstört und verzweifelt zurück. Väter, die bereits in anderen europäischen Ländern Asyl haben, kommen her, um sich um die Kinder zu kümmern und müssen dann Angst haben, dass ihre Familien zerrissen werden, weil eines der Kinder großjährig ist.
– Frauen verlieren während einer Schwangerschaft ihre Kinder, wären hier nicht Psycholog*innen von NGOs, wären sie alleine mit dem Schmerz.
– Asyl in GR (internationaler Schutz lt GFK) bedeutet, hier auf’s Festland transferiert zu werden. Ohne jegliche Unterstützung! Wieder obdachlos, oder mit viel Glück unterkommen bei Freund*innen. Die Normalität ist eher, in einem Camp zu landen, wieder in einem Camp, wo man angewiesen ist darauf, von NGOs die Basics, wie Essen, Kleider, Windeln, zu bekommen. Oder obdachlos.
– Junge Menschen sind hier jahrelang ohne Ansprache, Tätigkeit, ohne soziales Umfeld, ausgesetzt griechischen Drogendealern und Menschenhandel.
– Ausbeutung in der Landwirtschaft für 2.50€ die Stunde ist normal, die Leute müssen davon dann noch ihr Bett (Raum mit 20 anderen, 7 € p. Nacht bezahlen)- Die Camps auf den Inseln sind strengsten bewacht, Ausgang max 2 mal die Woche. Auf Samos und Chios sind die Camps km weit weg von jeglicher Zivilisation.
– Medizinische Probleme können zum Großteil im Camp nur symptomatisch behandelt werden. Die Ärzt*innen geben sich größte Mühe, doch im griechischen System sind Refugees Menschen 2. Klasse.
– Den Menschen auf der Flucht wird im Alltag hier permanent vermittelt, dass sie Europa Probleme verursachen. Dass sie eigentlich niemand haben möchte. Es ist dermaßen demütigend und erniedrigend.
– Rechtsberatung: es gibt NGOs, die hier einen großartigen Jon leisten, doch es gibt viel zu wenig Kapazitäten. Vertrauenspersonen beim Interview werden abgelehnt, viele Schutzsuchende unterschreiben Dokumente, die sie in ihrer Tragweite nicht erfassen.
– Trotz zahlreicher Versprechungen keine nachhaltige Unterstützung bei der Integration, keine Wohnungen, keine Arbeit, kein Geld.
Viele Geschichten höre ich glaubwürdig, persönlich von den Betroffenen. Viele, sowohl psychische, als auch physische Folgeschäden dieser Behandlung sind selbst für „Blinde“ ersichtlich.
Was WIR – und ich betone wir, denn wir alle sind Europa – hier an den Menschen verbrechen, ist nicht nur grausam, gegen bestehendes Menschenrecht und unverantwortlich, sondern wird auf uns alle, spätestens in den nächsten 10 Jahren, zurückfallen.
Wie sollen Menschen, die man so misshandelt, demütigt sich bei uns jemals beheimatet fühlen?
In welchen Jobs sollen jene, die jetzt minderjährig/Kinder sind, Arbeit und Selbständigkeit finden, wenn ihnen hier in Europa jahrelang Schule, Bildung verweigert wurde und sie außer der Verzweiflung ihrer Eltern, der täglichen Suche nach adäquater Ernährung, nach jahrelangem Herumstreifen in Camps kein intaktes soziales Umfeld hatten? Wie verantwortungs- und visionslos.
Wie soll das funktionieren?
Ich bitte um Antworten, sehr geehrte Kommissarin Ylva Johansson, MEP Bettina Vollath, MEP Dr. Othmar Karas, Bundeskanzler Alexander Schallenberg, Vizekanzler Werner Kogler. Es bedarf dringend einer Koalition der Willigen auf europäischer Ebene und ich hoffe zutiefst, dass Österreich hier weitsichtig genug ist, sich in diese einzureihen.