Wenn irgendwer von Euch glaubt, dass das CCAC/Mavrovouni Camp auf Lesbos in irgendeiner Art und Weise dem entspricht, was wir, die angeblich zivilisierten Europäer:innen, unter menschenwürdiger Unterbringung, Behandlung verstehen – ich muss Euch leider bitter enttäuschen.
Ob das jetzt Euch oder mich mehr schmerzt, darüber zerbreche ich mir gar nicht den Kopf.
Denn ich würde verstehen, wenn Ihr es gar nicht glaubt was ich erzähle.
Und gleich vorweg: „Ärzte ohne Grenzen/MSF“ haben vollkommen recht in ihrem Bericht – am Ende landen alle in Obdachlosigkeit.
Zusammengepfercht, 2 Familien, oder 6-7 Einzelpersonen, in einem Container. Viele waren bis vor kurzem ohne Decken – ja, ohne Decken, auf schwarzen Eisenbetten – ja, in Europa.
Es wurde kein Unterschied gemacht, ob Frauen, Kinder, Alte, Kranke, Männer – reingestopft.
Intimsphäre existiert genauso wenig wie Heizungen.
NGOs würden Heizstrahler zur Verfügung stellen, doch ohne Strom – Pech gehabt.
Ach ja und dann gibts noch all jene die krank sind, Verletzungen von der Flucht und auch noch von der Überfahrt, Türkei – Lesbos, denn ohne Prügel, bei mindestens 1 Pushback am Meer, erreicht ja kaum wer die Insel, chronisch krank und krank gemacht, von Europa.
Wer kann schon körperlich gesund werden/bleiben, bei eiskaltem Meerwind, schlechtem Essen, schlechter Kleidung, extremer psychischer Belastung und pausenloser Entwürdigung?
Ihr findet ich spreche zu rau, ich sei zu „hysterisch“, was uns gerne von Politik unterstellt wird (weil dann ja Unglaubwürdigkeit suggeriert wird),
so gar nicht weihnachtlich?
Kann ich verstehen und glaubt mir, ich finde es auch schrecklich, extrem traurig, dass man die Zustände in einem europäischen Camp für Geflüchtete nicht anders beschreiben kann. Nach mehr als 4 Jahren vor Ort, bin ich in der Wortwahl sogar gnädig.
Die Zustände vor Ort sind unmenschlich, total inakzeptabel und entwürdigend.
Sprechen wir mit Politik und Beamt:innen über diese unfassbaren Zustände, dann wird uns auf die Schulter geklopft- wie gut, dass wir da sind.
Ihr versteht, dass ich darauf gerne verzichten kann.
Verantwortungslos – statt die eigenen Aufgaben zu erledigen, überlässt man das Feld der Zivilgesellschaft und bei jedem Akt, den Kolleg:innen und wir helfen, bedankt man sich und – zieht die Daumenschrauben der brutalen Abschreckungspolitik noch enger.
Ihr glaubt es nicht?
Ab Jänner bin ich wieder vor Ort, mein Team arbeitet in der Zwischenzeit unerschrocken weiter, dann könnt ihr mich besuchen kommen, alles persönlich sehen, erleben.
Vielleicht sollten wir das sowieso machen – Klassenfahrten/Oberstufe, Reisen von Pfarren, Bildungshäusern, sozialen Jugendorganisationen und Gemeinschaften.
Denn ich bin total überzeugt, würdet ihr das alles sehen, Zeitzeug:innen wie wir sein, ihr würdet sehr viel dafür geben, dass diese Unmenschlichkeit sofort beendet werden würde.
So halt viele eher nicht, wenn man so weit weg ist und es sich einfach nicht vorstellen kann.
Warum ich das glaube?
Weil ich die Zustände kenne, das tägliche Grauen und weil ich immer noch an Menschlichkeit, Empathie und Rechtsbewusstsein der Zivilgesellschaft glaube.
In diesem Sinne wünsche ich Euch einen guten Wochenstart, Menschen um Euch, die diese Bilder nicht wie im Kino sehen müssen, um die Umstände verändern zu wollen, liebende Menschen um Euch,
herzlichst,
Doro
Kommentare 4
Alles Gute den Menschen in Lesbos! Auf dass sich ihre Situation bald bessern möge.
Liebe Margareta,
danke für Ihre Wünsche.
Ja, das hoffen wir auch, obwohl es im Moment düster wirkt.
Wir arbeiten auch intensiv an Dokumentationen, Berichten, in dem Sinne, das wir Zeitzeug:innen sind. Konsequent bemühen wir uns auch mit Politik und den verantwortlichen Akteur:innen im Gespräch zu bleiben, denn wahre Besserung können nur jene erarbeiten.
Danke für Ihr „Mitunssein“,
herzlichen Gruß, Doro und Team
Ich danke für Ihre so wertvolle Arbeit
Wir bedanken uns sehr herzlich, ohne die zahlreiche Unterstützung wäre all dies nicht möglich.
Alles Liebe auch Ihnen und danke für Ihre Wertschätzung, herzlichst, Doro